Mit der Musik auf Thank You For Stickin' With Twig sitzt Slim Twig sicher weit außen in der Krone des Pops. Der dünne Zweig trägt gerade noch, aber er biegt sich schon stark unter der Last der vielen verschiedenen Einflüsse und den vielen Experimenten, die auf dem Album vereint sind.
Und dann setzt Slim Twig auch noch selbst die Säge an, der Zweig bricht und man fällt in die Musik hinein. Hinein in psychedelische Klänge, fette Riffs, Lärm, Melodien und Rhythmus mit Ohrwurmcharakter. Und auf einmal ist es völlig egal wo oben und wo unten ist, ob man fällt oder hoch oben von der Musik getragen wird.

Grooviger Lärm...

Vielleicht kann man hören, dass der Kanadier seinen Abschluss auf einer Art School in Toronto gemacht hat. Seine Musik wurde als post-moderner Pop und Avantgarde Rock'n'Roll beschrieben und experimentiert auf vielen verschiedenen Ebenen zwischen Lärm und Musik. Diese ist dann oft groovig und melodisch bis die Musik im nächsten Moment zu schwer anzuhörendem Lärm ausartet. Aber gerade diese teilweise recht krassen Brüche machen das Album so spannend!
Auf diese regelrechten Sound-Collagen, die dann oft zu verschachtelt und kompliziert wirken um "Thank you for stickin' with Twig" nur nebenbei anhören zu können, muss man sich definitiv einlassen. Wenn man das aber tut und bewusst hinhört, öffnet sich die vielschichtige Welt von Slim Twig. Und die hat Einiges zu bieten!

Slim Twigs Welt ist ohne Frage oft auch leicht verstörend, wie zum Beispiel im Video zu "Slippin' Slidin' ", in dem eine Frau eine andere Frau im Hundekostüm vor psychedelischem Background Gassi führt.
Hier lebt sich auch noch Slim Twigs kreative Ader außerhalb der Musik aus - hat er doch zusammen mit seiner Schwester Regie für das Video geführt. Die Kreativität haben die beiden als die Kinder zweier Filmemacher wohl eh in die Wiege gelegt bekommen.

Verschiedene Einflüsse bringen etwas Altes erneuert in die Gegenwart

Auf Slim Twigs neuem Album "Thank you for Stickin with Twig" finden sich viele verschiedene Einflüsse, von Brian Eno zu Ariel Pink oder auch Frank Zappa. Aber statt zu kopieren bringt das Album den Art Pop der 70er in neuem Gewand in die Gegenwart. Die Popmusik, aus der "Thank you for stickin with Twig" im Kern besteht, wird verzerrt und lärmend zu dreckigem Rock'n'Roll, die klaren Songstrukturen des Pop werden völlig aufgebrochen.

Aber auch textlich hat das Album Einiges zu bieten: Themen wie die Lohngleichheit ("Textiles On Mainstreet"), Gender Identitäten ("Fog Of Sex (N.S.I.S.)") oder auch die Legalisierung von Cannabis (im Serge Gainsbourg Cover "Cannabis") kommen zu Wort. So ist "Thank you for stickin with Twig" in gewisser Art und Weise auch ein Protest Album geworden, auch wenn es mehr Fragen aufwirft als es beantwortet.

Alles in allem ist es ein tolles Album, das nie nach Einheitsbrei klingt, sondern auslotet, wieviel Experimentierfreude der Pop heute verträgt. Das muss nicht jedem gefallen, aber wer dazu bereit ist, sich auf die Musik einzulassen und nach etwas Neuem sucht, dem sei das Album "Thank you for stickin with Twig" wärmstens ans Herz gelegt.
 
"Thank You For Stickin' With Twig"  erscheint am 7. August 2015 auf DFA Records